Es gibt Dinge im Leben, für die wir uns entscheiden, die wir angehen oder die wir planen und doch haben wir keine Ahnung, was eigentlich auf uns zukommt.

Kinder sind so eine Sache. Voller Freude und Elan stürzen wir uns in das Abenteuer Baby und haben keine Ahnung, was uns da erwartet. Ich wollte früher mal zehn Kinder haben. Nach vier weiß ich: das reicht. Die Aufgabe Kinder zu lieben, großzuziehen, zu erziehen, zu begleiten - das ist etwas, wovon keiner von uns weiß, wie es werden wird. Und keiner hat sich vorher eine wirkliche Vorstellung machen können, was da auf einen zukommt.

Baumaßnahmen sind eine andere Sache, mit der wir manchmal mit viel Enthusiasmus beginnen und dann stecken bleiben und mitten drin denken: oh wei, hätte ich das gewusst...

Heute sitze ich vor unserem Haus und ich staune. Drei Monate lang war es eingerüstet gewesen. Als im März die Arbeiter kamen und das Gerüst aufbauten, da sagten sie scherzhaft (aber mit viel Wahrheit gemischt, wie sich rausstellte): bis zum Sommer dann! Der Sommer schien in den kalten, dunklen und kargen Märztagen noch wie eine halbe Ewigkeit entfernt. Doch heute, am heißesten Tag des Jahres bisher, war es soweit. Unser Haus ist fertig. Also, mehr oder weniger. Tatsächlich hat all unsere Arbeit (und wir haben sehr viel selbst gemacht) nun zu dem erwünschten Ziel geführt: Es sieht wunderschön aus.

Doch immer wieder kommt mir der Gedanken: Hätte ich gewusst, was da auf mich zukommt. Wieviele Arbeitsschritte, wieviel große und kleine Arbeiten. Wieviel zusätzlich putzen. Wieviel fegen und immer wieder fegen. Ich hatte keine Ahnung. Ich dachte tatsächlich, dass nach ein paar Wochen alles fertig wäre. Doch dann zog es sich. Mal spielte das Wetter nicht mit, mal konnten die Arbeiter nicht, und zuletzt hat Danny noch eine OP am Finger gebraucht, da sich ein unbemerkter Holzsplitter entzündet hatte.

Ja, es war gut, das ich nicht wusste, dass es so lange geht. Und weiter dachte ich: Es ist gut, dass wir so vieles nicht wissen, von dem, wie was wird, was noch alles kommt. Es würde mich wahrscheinlich mutlos machen.

So ist mir unsere Hausfassade eine Erinnerung daran, jeden Tag zu leben, zu arbeiten, meinen Teil zu tun, mich an den Fortschritten zu freuen, einen Tag nach dem nächsten. Nicht den langen Weg von über drei Monaten im Blick haben, in denen meine Fenster dreckig und teilweise zugeklebt waren. Jeden Tag ein Stück weiter machen.

Ich denke, das ist auch genau das, was Jesus uns sagen will:

Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? 32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. 33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. 34 Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.
(Matthäus 6, 31-34)

Mein Schwiegervater hat vor einigen Wochen eine schlimme Krebsdiagnose bekommen. Jetzt hat er mit einem ohnehin schon geschwächten Körper mit der Chemotherapie begonnen. Diese wird sich bis Dezember hinziehen. Als ich ihn am Tag vor der ersten Therapie sprach, da sagte er, wie dankbar er ist, dass Gott ihm das Sorgen um Morgen genommen hat. Er will jeden Tag leben und nicht weiter schauen.

Das hat mich beeindruckt. Aber sicher ist genau das der Weg, um seelisch gesund durch diese Zeit zu kommen.

Der heutige Tag hat genug eigene Plage. Der Morgen wird für sich selber sorgen.

Ich weiß nicht, wo du gerade stehst. Vielleicht bist du auch krank und hast Angst vor dem, was alles noch kommen wird. Vielleicht ist ein naher Angehöriger krank oder verstorben und dein ganzes Leben ist ins wanken geraten. Vielleicht schleppst du dich jeden Tag zur Arbeit und hast keine Motivation mehr. Vielleicht fordert dich dein Baby in der Nacht so sehr, dass du nicht weißt, wie du den Tag überleben sollst (glaub mir, das kenne ich zu gut). Vielleicht bist du am Ende deiner Weisheit mit deinen Kleinkindern und weißt nicht mehr, wo du eigentlich noch vorkommst. Vielleicht ist dein Teeny grad gar nicht mehr auf Empfang auf dich ausgerichtet und all das, was du ihm mitgegeben hast und was du investiert hast, scheint wie verflogen.

Vielleicht stehst du da und denkst: Ich schaff das nicht! Wie soll es alles nur werden? Wie komme ich heil durch das ganze hindurch?

Alles türmt sich vor dir auf, der Berg wird immer höher und höher und das Herz immer mutloser. Dann möchte ich dir sagen: Geh durch diesen Tag mit Gottes Kraft und seiner Hilfe. Schau nur auf heute. Geh den nächsten Schritt. Tue das nächste. Du musst nicht wissen, was morgen wird. Du musst nicht wissen, was noch alles auf dich zukommt. Aber du darfst wissen, dass Gott in jedem Moment mit dir ist. Er will und kann dir alles geben, was du heute brauchst. Er ist deine Hilfe und deine Zuflucht. Er ist deine Burg, deine Sicherheit.

Mit ihm zusammen wissen wir: Wir erreichen das Ziel. Er bringt uns ans Ziel. Mit ihm wissen wir: Alles wird am Ende gut werden. Wovor wir heute noch Angst haben, wird eines Tages nur eine blasse vergangene Erinnerung sein.

Wenn ich heute unser Haus anschaue, dann ist es für mich die Erinnerung: Gut, dass ich nicht wusste, wieviel Arbeit das wird. Aber auch: Gut, dass wir jeden Tag das nächste gemacht haben, Zeiten der Pause akzeptiert haben und nun große Freude da ist, weil wir es mit Gottes Hilfe geschafft haben. Es erinnert mich aber auch daran, dass unser Leben oft voller ungeplanter Dinge steckt. Und nicht immer erstrahlt das Ergebnis im Licht wie eine frisch renovierte Fassade. Oft sehen wir erstmal nichts. Erst ist da nur Leiden in Sicht.

Aber im Vertrauen auf unseren guten Gott, der uns seine Liebe bewiesen hat durch Jesus Christus wissen wir: Es wird gut werden.

Die Sorge nimmt dem Morgen nicht seinen Kummer, sondern dem Heute seine Kraft. (Corrie ten Boom)