Ich weiß nicht, ob du unsere Gebetskarte irgendwo hängen hast. Ich mag dieses Bild von unserer Familie sehr. Wir sehen alle so glücklich und harmonisch aus. Ich schau mich an und denke: was für eine nette Mutter das ist. Sie strahlt so, wirkt so voller Leben, voller Freude und Energie. Die Kinder sehen so süß und brav aus, wie sie da in Papas Armen sind.
Man kann fast jedes unserer Familienfotos hernehmen und den Eindruck bekommen: wow, was für eine nette Familie, wie „perfekt“ sie doch aussieht.
Ich weiß nicht, ob du das schon mal gedacht hast. Ich ertappe mich schon hin und wieder bei solchen Gedanken, wenn ich Ausschnitte aus dem Leben anderer sehe. Was für anständige Kinder das sind, was für ein fürsorglicher Vater, was für eine sanfte und verständnisvolle Mutter… und dann schaue ich auf mich und bekomme die Krise. Wieviel bekomme ich nicht hin. Wie oft muss ich meine Kinder ermahnen. Wie viele Male am Tag bin ich genervt und am Ende meiner Weisheit. Bin verzagt und weiß beim besten Willen nicht, wie ich allen Bedürfnissen gerecht werden soll. Wie oft will ich mich einfach verziehen und für mich sein. Wie oft kommt der Gedanke, dass ich eine miserable Mutter bin... und ich doch eigentlich so und so sein will ...und doch das und das machen will... und dies und das versäumt habe und nicht mehr nachholen kann. Wie oft bin ich entmutigt, will ich aufgeben.
Hättest du das hinter dem strahlenden Lächeln vermutet? Hast du vielleicht gedacht: die Rahel, die scheint alles perfekt im Griff zu haben. Und sie hat sogar noch Zeit zum Schreiben…
Hier und jetzt möchte ich dir sagen: es stimmt nicht. Ich habe nichts im Griff. Ich bin zur Zeit sogar ziemlich am Ende mit allem möglichen. Am Ende meiner Weisheit und Kraft und meiner Freude, Mutter zu sein. Manchmal will ich einfach nur wegrennen. Will dem Lärm und Chaos entfliehen. Bin ich immer noch nicht in der Realität angekommen, das vier Kinder das (also Lärm und Chaos) eben mit sich bringen und es normal ist. Ich will das aber so oft nicht wahrhaben und sträube mich dagegen. Und das macht mich unzufrieden. Mit meinen Kindern und meinem Mann und v.a. auch mit mir selber. Weil ich es nicht schaffe, ruhig zu bleiben, ausgeglichen, der Fels in der Brandung, der Ruhepol der Familie. Das will ich so gerne sein und das muss man als Mutter doch auch sein, oder? Da ist wieder diese unerfüllte Erwartung, die ich an mich habe und die mir noch mehr meinen Frieden raubt.
Wie geht es dir? Ich denke oft, ich bin die einzige Versagerin, der es so geht. So fühle ich mich oft. Aber ich weiß, dass es wohl anderen auch so geht. Aber wir trauen uns so oft nicht, es zu sagen. Viel lieber zeige ich jedem das schöne Familienbild, auf dem alle so lieb schauen und alles so leicht und voller Freude aussieht.
Doch so ist das Leben fernab von diesen einmaligen Schnappschüssen nicht. Das Leben ist anders. Es ist wild und chaotisch, traurig und doch voller überschäumender Freude zugleich, es ist voller Enttäuschungen und Rückschlägen, Tränen und Leid, ja aber auch immer wieder voller kleiner und großer Erfolge und Siege. Und das beste ist: Jesus ist mittendrin! Oh, was wäre nur, wenn er das nicht wäre. So will ich ihm immer wieder mein leeres und doch schweres Herz hinhalten und: oh Herr, fülle du es mit allem, was ich so dringend brauche. Doch vor allem mit deiner Gegenwart!