Was kommt dir in den Sinn, wenn du diesen Titel liest? Ein überreiches Leben, wer will es nicht? Nicht nur ein reiches, sondern ein überreiches?
Doch was bedeutet es, überreich zu sein? Heißt es, viel zu besitzen? Ein Haus mit schönem Garten in einer attraktiven Lage? Einen gut bezahlten und vor allem krisensicheren Job? Viermal im Jahr in den Urlaub fahren? Ein Bankkonto und Versicherungen, die mir Sicherheit geben im Hinblick auf das Alter und die Zukunft? Vorgesorgt zu haben für alle möglichen Eventualitäten?
Würdest du dich als einen überreichen Mensch bezeichnen?
Vielleicht liegt Reichtum für dich nicht in all diesen Dingen. Eher in einer guten Gesundheit, glücklichen und wohlgeraten Kindern, deiner Familie, deinem Glauben, deinem positiven Blick aufs Leben überhaupt. - Ja, all das ist Reichtum. Und all das macht uns reich.
Doch meine Frage bleibt noch immer bestehen. Was ist ein überreicher Mensch? Und vor allem: Wen bezeichnet die Bibel als überreich?
Ich lese im Moment meinen Lieblingsbrief von Paulus (naja, ich habe einige Lieblingsbriefe): den 2. Korintherbrief. Je mehr ich ihn zur Zeit studiere, desto mehr wächst wieder meine Liebe und Faszination für diesen außergewöhnlichen Brief.
Und heute blieb ich besonders hängen an einem Wort: überreich.
Es kommt im 8. und 9. Kapitel des Öfteren vor. Dieses „über“. Mehr als genug.
Überschwang (8,2)
Überreich (8,2)
Überreich (8,7)
Überströmend (8,7)
Überreichlich (9,8)
Überreich (9,8)
Überreich (9,12)
Überragend (9,14)
Doch von was redet Paulus in diesen zwei Kapiteln? Was macht überreich? Was lässt ihn so in dieses „extrem“ verfallen?
Er redet vom Geben!
Nicht vom anhäufen, sich aneignen, sich versichern, sich absichern.
Nicht vom nehmen und sparen.
Nicht vom Verständnis dieser Welt, was Reichtum ist.
Es ist revolutionär: Du wirst überreich, indem du überreichlich gibst!
Es ist ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das immer wieder in diesem Brief vorkommt.
Das Geheimnis des Reichtums in Jesus! Der Schätze im Himmel! Des Lebens, das Gott verherrlicht und andere zum Lob und dank Gottes anspornt.
Das Geheimnis eines Lebens, das überreich, ausgefüllt und lohnend ist.
Nicht in den Augen dieser Welt. Sondern im Angesicht Gottes.
Das Geheimnis, das zu allererst Jesus Christus in diese Welt gebracht hat und uns gleichsam lehrt:
„Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich wurdet.“ (8,9)
Und Paulus, der Nachahmer Jesu sagt ein paar Verse zuvor:
„Als Arme, aber viele reich machend, als nichts habend und doch alles besitzend.“ (6,10)
In Kapitel 8 nun berichtet Paulus von den Gemeinden in Mazedonien, die genau das getan haben. Nicht nur im geistlichen Sinn, sondern hier sehr eindrücklich im materiellen Sinn.
Es ist aus der Gnade Gottes geschehen, die ihnen geschenkt wurde, dass sie in viel Bedrängnis und in großer Armut doch bereit waren, überschwänglich zu geben. Und das nicht aus Zwang oder missmutig, sondern im Überschwang ihrer Freude. Es bedeutet für sie Gnade, dass sie geben dürfen. Und sie geben nicht nur soviel sie konnten, sondern darüber hinaus. „Über ihr Vermögen“, so heißt es da. Wieder ein „über“ in diesem Text. Sie mussten sogar Zureden und Überreden, dass Paulus die Gabe annahm. Doch Geben, das haben diese eifrigen Christen verstanden, bedeutet Segen, bedeutet Gehorsam, bedeutet Lobpreis Gottes und zeigt ihre Liebe zu Gott und den Menschen.
„Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ - Bin ich so ein fröhlicher Geber, wie Paulus ihn hier beschreibt? Zeichne ich mich aus durch Großzügigkeit? Habe ich tief in meinem Herzen begriffen, dass es in diesem Leben als Christ nicht darum geht, Dinge anzuhäufen, mir anzueignen, auf mich zu schauen, sondern darum, weiterzugeben, nicht festzuhalten, mich lösen und großzügig sein? Auch und gerade mit meinem Besitz, meinem Geld?
Wir sind ja selbst davon „abhängig“, dass Menschen uns unterstützen, uns geben, damit wir hier leben und arbeiten können. Aber das heißt nicht, dass mir dieser Aufruf nicht auch gilt. Denn es ist ein Geheimnis, dass geben nicht bedeutet, dass man ein Opfer gibt, weil es eben nicht anders geht. Sondern indem ich gebe, werde ich überreich beschenkt, werde ich gesegnet, es ist ein Gnadenwerk. Es ist ein Geheimnis. Der Geber ist der Beschenkte. Und Gott ist der, der die Ehre und den Dank bekommt. Allen wird geholfen! Alle werden gesegnet. Doch vor allem der Geber!
Ich will zutiefst diesen Lebensstil des Gebens leben. Ich weiß und spüre es, dass es das richtige ist. Doch so viel in dieser Welt will einen eher davon abhalten. Die Vernunft: du musst doch auch an dich und deine Kinder denken. Und an dein Alter. Und wenn etwas unvorhersehbares geschieht und und und.
Doch worin unterscheiden wir uns dann von dieser Welt und ihrer Denkweise?
Wir sind ein Brief Christi (2.Kor 3,3), Diener des neuen Bundes (2.Kor 3,6), neue Kreaturen (2.Kor 5,17), Gesandte an Christi statt (2.Kor 5,20) und Diener Gottes (2.Kor 6,4). Wir leben nicht mehr uns selbst, sondern dem, der für uns gestorben und auferstanden ist (2.Kor 5,15).
Unser Leben und unser Geben muss sich so radikal unterscheiden von denen, denen der Gott der Welt den Sinn verblendet hat, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus nicht sehen (2.Kor 4,4).
Doch uns ist diese Lichtglanz in unseren Herzen aufgeleuchtet. - Wie können wir da noch für uns leben?
Ich wünsche mir so sehr, dass wir als Christen ein radikal anderen Umgang mit unserem Besitz und unserem Geld leben. Ich weiß, geben ist nicht nur auf materielles bezogen, viel wichtiger ist ja auch das geben von Zeit und Liebe und Anteilnahme. Aber Paulus schreibt hier explizit, dass das Geben von Geld die Echtheit der Liebe bezeugt. Und da sicher erst einmal unserer Liebe zu Gott, aber dann auch zu unseren Geschwistern.
„Wenn es ums Geld geht, dann hört die Liebe auf.“ - das ist ein bekannter Satz. Bekannt für diese Welt, in der wir leben.
Nach Paulus müsste es heißen:
„Wenn es ums Geld geht, dann beginnt die Liebe erst richtig.“
Wir leben in unsicheren Zeiten. Unser bisheriger Wohlstand ist bedroht. Wie wird alles werden? Kann ich überhaupt noch weitergeben? Oder nicht doch lieber zurücklegen soviel es geht, man kann ja nie wissen?
Und bitte versteht mich nicht falsch. Das soll in kleinster Weise ein versteckter Aufruf sein, uns zu unterstützen. Ich spreche für dich und mich. Lasst uns gerade in dieser unsicheren Zeit ein Zeichen setzen und großzügig sein. Nicht festhalten, was wir nicht festhalten können. Gerade jetzt lasst uns mindestens noch ein Patenkind unterstützen in einem armen Land. Gerade jetzt mehr Missionare unterstützen und Gemeinden helfen.
„Denn einen fröhlichen Geber liebt Gott. Gott aber vermag euch jede Gnade überreichlich zu geben, damit ihr in allem allezeit alle Genüge habt und überreich seid zu jedem guten Werk.“ (2.Kor 9,7+8)